Am 18. September 1959 erblickte die Schwedische Handelskammer formell das Licht der Welt. An diesem Tag wurde die Kammer in das Vereinsregister am Amtsgericht Düsseldorf eingetragen – ein Ereignis, dessen Implikationen viele Nicht-Deutsche kaum begreifen können. Denn ganz einfach war die Gründung einer Handelskammer in den 50er Jahren in Deutschland nicht, da der Bezeichnung „Handelskammer“ auch ein entsprechender Status zukam. Dem Antrag mit der Nummer 2478 sind – den deutschen Antragsformalitäten entsprechend – 36 Dokumente als Anlage beigefügt. Im ersten Vorstand der Kammer saßen drei Personen: Generalkonsul Ragnar Dyberg als Vorsitzender, Direktor Karl August Hedin und Vizekonsul Lars Frisk als weitere Vorstandsmitglieder. Die konstituierende Vorstandssitzung fand am 26. Juni 1959 in Stockholm statt. „Ich bin sicher, dass nicht nur die seit eh und je traditionellen schwedischen Stapelwaren wie Eisenerz, Holz und Zellstoff in Deutschland abgesetzt werden können“, zeigte sich der damalige Konsul Ragnar Dyrberg, überzeugt. Er sollte Recht behalten.
Zu den Gründungsmitgliedern, von denen die große Mehrheit bis heute Mitglied der Kammer sind, gehörten
Eine bedeutende Veränderung traf die Handelskammer einige Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1972. Das schwedische Parlament beschloss, die staatlichen Unterstützung für schwedische Exportorganisationen neu zu ordnen. In der Folge wurde die 50-prozentige staatliche Unterstützung der Auslandshandelskammern gestrichen. Handelsminister Kjell-Olof Feldt und sein Staatssekretär Bengt Dennis warben bei den Schwedischen Handelskammern im Ausland für den neuen schwedischen Außenwirtschaftsrat „Exportrådet“ mit seinen regionalen Geschäftsstellen. Gewünscht war nicht nur eine neue Struktur, gewünscht waren auch die berühmten „neuen Besen“: Die „Handelssekretäre“ des Exportrådet sollten – als eine Art Supermann mit Diplomatenpass – für jeweils vier Jahre aus Wirtschaftsunternehmen ausgeliehen werden, um in dieser Zeit den schwedischen Export in ihrem Einsatzland zu fördern. „Das Ganze war ein recht mühseliger Prozess“, erinnert sich Carl-Johan Jargenius, Direktor in der Stockholmer Handelskammer. „Der schwedische Staat übernahm die operative Verantwortung – und die bislang bilateral agierenden Handelskammern mussten sich in ihrer neuen Rolle zurechtfinden. Einige wurden aufgelöst oder versanken in der Bedeutungslosigkeit; andere passten sich den neuen Gegebenheiten an und stärkten ihr Profil.“ Die Schwedische Handelskammer in Deutschland wurde nicht aufgelöst. Es waren verschiedene Gründe, die ihr Überleben möglich machten. Denn auch wenn die Kammer 1972 erst 13 Jahre bestanden hatte, war sie zu diesem Zeitpunkt bereits etabliert: als Lobby-Organisation, als Service-Einrichtung für schwedische Tochterfirmen, als Forum für den Kontakt zwischen Unternehmern. Bis heute arbeitet die Kammer unabhängig von staatlichen Zuwendungen im Auftrag und finanziert von ihren Mitgliedsunternehmen.
Über die Jahrzehnte wurde die Präsenz Schwedens auf den in Deutschland so wichtigen Messen ebenso von der Kammer organisiert wie die Lobbyarbeit für das deutsch-schwedische Doppelbesteuerungsabkommen; ein Jahrbuch als Verzeichnis schwedischer Tochtergesellschaften in Deutschland erschien bis in die 2000er Jahre in einer Print-Version. Die Schwedische Handelskammer in Deutschland erarbeitete sich im Laufe der Zeit den Ruf, eine der aktivsten unter den Auslandshandelskammern Schweden zu sein.
Auch um die Sicherung der zukünftigen deutsch-schwedischen Wirtschaftsbeziehungen bemühte sich die Kammer aktiv: Seit 2001 existiert in Deutschland ein Junior Chamber Club (JCC), ein „Netzwerk im Netzwerk“ mit enger Bindung an die „große“ Handelskammer. In Vorstand und Präsidium ist der JCC mit einer eigenen Vertreterin repräsentiert. JCC-Komitees gibt es heute in Hamburg, Berlin, Düsseldorf-Köln, München und Frankfurt am Main. Die Komitees veranstalten ihre eigenen Treffen, die Junioren sind jedoch auch immer bei Vorträgen, Reisen und Zusammenkünften der Kammer anzutreffen. Damit ist für einen ständigen Zufluss junger Impulse in die Organisation gesorgt.
Im Jahr 2003 nahm die Handelskammer ein neues Projekt in Angriff. Der schwedische Exportpreis wurde aus der Taufe gehoben und seitdem gemeinsam mit dem Außenwirtschaftsrat und der schwedischen Botschaft in Berlin vergeben. Die erste Preisverleihung fand 2003 in Anwesenheit des Ehrengastes Kronprinzessin Victoria in Hamburg statt, wo es noch bis 2008 ein schwedisches Generalkonsulat gegeben hat. Der neue Exportpreis erregte rasch große Aufmerksamkeit. Unter den Preisträgern zeigt sich eine augenfällige Mischung aus klassischen, bekannten Firmen und jungen Unternehmen, die sich erfolgreich auf dem deutschen Markt platziert haben. Heute wird die Auszeichnung in enger Zusammenarbeit mit der Schwedischen Botschaft und Business Sweden unter dem Namen Schwedischer Unternehmenspreis in Deutschland verliehen. Die Verleihungszeremonie selbst bekommt nach und nach ein wenig Ähnlichkeit mit dem viel berühmteren Nobel-Dinner in Stockholm, das im Dezember jeden Jahres um Lucia herum stattfindet. Bei der Verleihung des Exportpreises waren häufig Mitglieder des Königshauses anwesend, zusammen mit zahlreichen Direktoren, Ministern, Diplomaten, Persönlichkeiten des Kulturlebens, Professoren und Chefredakteuren. Trotz aller Honoratioren ist die Stimmung jedoch erstaunlich entspannt und ausgelassen.
Mittlerweile erlebt die Kammer, getragen von ihren Ehrenamtlichen und den hauptamtlich Angestellten, bereits ihr siebtes Jahrzehnt im Dienste der schwedischen Unternehmen in Deutschland. Eine facettenreiche Geschichte liegt hinter der Kammer, eine vielversprechende Zukunft erwartet die Mitglieder. Ein neues Jahrzehnt bietet neue Chancen für die schwedische Wirtschaft in Deutschland. Gemeinsam gehen die Mitgliedsunternehmen dem nächsten Jubiläum entgegen, verbunden und gestärkt durch das Netzwerk der Kammer.
Ausführliche Rückblicke auf alle sechs Jahrzehnte der Geschichte der Kammer finden Sie in SCHWEDEN aktuell aus dem Jubiläumsjahr 2019.