Vindkraftverk
 
Vattenfall: Alte Rotorblätter werden zu neuen Skiern

Vattenfall beabsichtigt, bis 2030 alle demontierten Rotorblätter von Windkraftanlagen zu recyceln, 50 Prozent der Rotorblätter bereits bis 2025. Die Rotorblätter des niederländischen Windparks Irene Vorrink sind die ersten, die dem Recyclingprozess zugeführt und zu Skiern, Wanderstöcken und Baumaterial für Solarparks verarbeitet werden.

Gustav Frid, Senior Environment & Sustainability Specialist bei Vattenfall, sieht das Recycling der Rotorblätter des Windparks Irene Vorrink in erster Linie als Pilotprojekt.

„Zunächst wollen wir aus diesem Prozess lernen und herausfinden, welche Unternehmen geeignet sind, uns beim Recycling der Rotorblätter zu unterstützen“, erklärt er. „Wir glauben, dass es dafür nicht nur eine einzige Lösung gibt, sondern mehrere verschiedene. Da sich Vattenfall in den letzten Jahren als führendes Unternehmen bei der Nachhaltigkeit erwiesen hat, wollen viele Unternehmen mit uns zusammenarbeiten und nehmen Kontakt zu uns auf.“

Skier und Wanderstöcke

Marcin Rusin, Mitinhaber von Gjenkraft in Norwegen, bestätigt diese Aussage: „Wir waren auf der Suche nach Partnern für unser Recyclingprojekt von Rotorblättern, haben Kontakt zu Vattenfall aufgenommen und stehen seither in ständigem Kontakt mit Gustav Frid über den Projektfortschritt. Als die Windkraftanlagen des Windparks Irene Vorrink demontiert wurden, gehörten wir zu den ersten, die ein Recycling der Rotorblätter angeboten haben.“

Das Recycling von Rotorblättern von Windkraftanlagen ist eine Arbeit für Spezialisten, da sie eine komplexe Zusammensetzung aufweisen.

„Die Rotorblätter bestehen nicht nur aus Harz und Glas- oder Carbonfasern, sondern auch aus Balsaholz, PVC- oder PET-Schaum, anderen Polymeren und Metallen“, erläutert Marcin Rusin. „Es ist nahezu unmöglich, die einzelnen Komponenten zu trennen, so dass sie zusammen verarbeitet werden müssen. Dies erschwert den Recyclingprozess und die Möglichkeit, einen Restwert aus den Rotorblättern zurückzugewinnen.“

Gjenkraft gewinnt je nach Typ der Blätter Glas- und Kohlenstofffasern zurück.

„Im Recyclingprozess können wir die Parameter anpassen, um die Eigenschaften zu erhalten, die unsere Kunden von unseren Produkten erwarten. Unsere Produkte werden wieder verwendet, um Skier, Wanderstöcke und andere Erzeugnisse herzustellen, die Glasfasern und Carbonfasern enthalten.“

Solarmodule und Landwirtschaft

Auf der Grundlage der Ergebnisse des EU-Projekts LIFE Carbongreen 3.0, bei dem das Recycling von Kohlenstofffaser-Verbundwerkstoffen untersucht wurde, sagt Chemiker und Unternehmer Gregor Luthe: „Die Rotorblätter von Windkraftanlagen sind für extreme Belastungen ausgelegt und bestehen aus starken Glasfasern und Kohlenstoff, die durch Duroplaste verbunden sind. Es ist uns gelungen, neue Duroplaste herzustellen, die als Baumaterialien für die so genannte Agrophotovoltaik verwendet werden können, d. h. für Solarmodule, die über oder zwischen landwirtschaftlichen Produkten angebracht werden. Mit unserem Material ersetzen wir den Stahl und das Aluminium der Konstruktion. Beide Rohstoffe verbrauchen viel Energie bei ihrer Produktion und sind nun auch aufgrund des Krieges in der Ukraine sehr knapp.“

BillionPeople, das von Luthe gegründete Unternehmen, erreicht mit dieser Methode auf einen Schlag gleich mehrere Ziele: 100 Prozent Recycling von Rotorblättern, Einsparung von CO2, Bau von Solarparks mit recycelten Materialien, Erzeugung erneuerbarer Energie, Steigerung der Erträge und Verbesserung des Klimas.

„Letztlich ist es unser Ziel, bereits 2025 eine vollständig kommerzielle Anwendung zu haben, die es Vattenfall ermöglicht, sein 100-Prozent-Ziel viel früher als 2030 zu erreichen.“

Inspektionen mit Drohnen

Die Rotorblätter von Windkraftanlagen müssen jedoch nicht vollständig zerlegt werden, um ein zweites Leben zu erhalten, erklärt René de Moor, Lehrer für Flugzeugsysteme am MBO College Airport.

„Wir möchten unseren Studierenden ein noch breiteres Wissen vermitteln und so kamen wir auf Windkraftanlagen, denn Rotorblätter haben natürlich viel mit Flugzeugtechnik zu tun. Wir haben uns an Vattenfall gewandt und gesagt, dass wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sie schulen wollten. Auf die Frage, was wir dafür brauchen, lautete unsere Antwort: Wissen, Ausbildung und Ausrüstung. Wir hatten bereits einen kleinen Gondelsimulator gekauft und waren noch auf der Suche nach anderen Teilen einer Windkraftanlage.“ Bevor das MBO-College zwei Rotorblätter von Windkraftanlagen des Windparks Irene Vorrink erhielt, musste es dafür zunächst eine gute Begründung liefern, aber das war kein Problem. „Eines der Rotorblätter wird am MBO College Airport aufgestellt, wo wir uns speziell mit dem Bau des Rotorblatts befassen“, erklärt René de Moor. „Wie ist es aufgebaut und wie funktioniert es genau? Das zweite Rotorblatt wird an den Kurs Drone Engineering & Operations in Valkenburg gehen. Dort sollen dann Drohnen verwendet werden, um das Rotorblatt zu inspizieren. Die Drohne kann sich auch an das Blatt heften und kleinere Reparaturen mit einem Spray durchführen.“

Gustav Frid von Vattenfall freut sich über die verschiedenen Partner, mit denen Vattenfall jetzt zusammenarbeitet: „Wiedergewinnung und Wiederverwendung spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung nachhaltiger industrieller Lösungen.“

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