5 Fragen an ...
„Berater spielen in der schwedischen Politik eine geringere Rolle“

Prof. Shirin Ahlbäck Öberg, Professorin für Staatswissenschaft an der Universität Uppsala. Ihre Forschungsgebiete sind die öffentliche Verwaltung und die parlamentarische Vertretung.

In Deutschland gibt es einige Bedenken hinsichtlich des Einflusses von Beratern auf politische Entscheidungen. Die Regierung gibt Millionen für Beraterverträge aus, was sich auch auf die Gesetzgebung auswirkt. Gibt es in Schweden eine ähnliche Diskussion über die „Macht der Berater“?

Ich sehe nicht, dass es in der allgemeinen Debatte explizite Bedenken über Berater gibt. Als Politikwissenschaftlerin kann ich jedoch feststellen, dass hier tendenziell das gleiche Problem besteht. Es ist bisher dazu nur wenig im schwedischen Kontext geforscht worden, daher ist es schwierig zu sagen, wie groß das Problem ist. Aber in einem kürzlich veröffentlichten Kapitel „Einstellung von Politikberatern durch schwedische Regierungsbehörden: Ein Phänomen von größerer Bedeutung?“ weisen die Autoren darauf hin, dass der Einsatz von Beratern bei schwedischen Behörden deutlich zugenommen hat. Dies betrifft auch die Art von Politikberatern, die Sie meinen.

Andersherum betrachtet: Die Pandemie hat gezeigt, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Politikern und (wissenschaftlichen) Beratern, ein gemeinsamer Lernprozess, zu schnellem Handeln führen kann. Hat die schwedische Politik den Behörden zu viel und den Beratern zu wenig zugehört?

Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, ob die Regierung zu stark auf ihre sachverständigen Behörden gehört hat. Generell kann gesagt werden, dass das schwedische Verwaltungsmodell auf der Idee einer wissensbasierten Politik basiert, die gut mit der rationalen Sichtweise der Politik einhergeht, auf der der schwedische Wohlfahrtsstaat beruht. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass die Regierung in keiner Weise an den Rat ihrer Fachbehörden gebunden ist, sondern dass die letztendliche Verantwortung für das, was getan oder nicht getan wird, jederzeit bei der Regierung liegt. In Schweden ist die Diskussion entstanden, ob die Regierung auch Ansichten anderer Experten außerhalb der Gesundheitsbehörde hätte berücksichtigen sollen. In dieser Diskussion ging es jedoch um die Beziehung zu anderen wissenschaftlichen Experten, nicht so sehr zu Beratern. Eine weitere Überlegung hierzu: Diese starke Ideentradition einer wissensbasierten Politik bedeutet, dass die politisch Verantwortlichen jederzeit durch das beste Wissen in allen Bereichen erreicht werden müssen, besonders in Krisenzeiten. Dies war im Hinblick auf die unzureichende Versorgung älterer Menschen angesichts der Pandemie eindeutig nicht der Fall. Das Wissen über Altenpflege wurde weder von der Regierung eingeholt noch von der zuständigen Behörde, dem Zentralamt für das Gesundheits- und Sozialwesen, angeboten. Es sind eher diese Diskussionen, die in der schwedischen Debatte aufgetaucht sind, als die Frage, ob Berater hätten angesprochen werden sollen.

Welche Rolle spielt Lobbying in der schwedischen Politik?

Keine so große wie z. B. in der EU oder in den USA. Wir haben einen korporatistischen Hintergrund, also eine geregelte Beteiligung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen an politischen Entscheidungsprozessen, und selbst wenn das etwas rückläufig ist, können wir dennoch feststellen, dass beispielsweise die Gewerkschaftszugehörigkeit (aus internationaler Sicht) hoch ist. Darüber hinaus zitiere ich aus einem aktuellen Kapitel über Lobbying in Skandinavien: „In den letzten Jahrzehnten befand sich die korporatistische Struktur in einem Stadium des Umbruchs und die gesellschaftliche Pluralisierung hat zugenommen, aber es ist wichtig zu bedenken, dass Teile der alten Struktur noch existieren. Zum Beispiel sind die Gewerkschaftsdichte und die Mitgliederquoten immer noch viel höher als in den meisten anderen Ländern.“ Und: „Während eine Reihe von Ländern Gesetze zur Regulierung von Lobbying-Aktivitäten haben (oder vorbereiten), haben die skandinavischen Länder keine ähnliche Regelung eingeführt.“ Hier sieht man also wohl kein so drängendes Problem.

Denken Sie, dass dieser Korporatismus manchmal auch rasches politisches Handeln ausbremst?

Ja, denn Verhandlungen mit unterschiedlichen Interessen brauchen Zeit. Aber gerade während der Corona-Krise war dies meines Erachtens nicht das Problem. In der Debatte hat sich vielmehr gezeigt, dass Gewerkschaften, die sich z. B. um Pflegepersonal kümmern, eher schnellere und klarere Entscheidungen (zum Beispiel über Schutzausrüstung) wollten. Meine vorläufige Einschätzung ist, dass Entscheidungen, die in dieser Krise zu langsam getroffen wurden, von der Regierung oder den Fachbehörden abhingen, auf die sie sich verlassen hat.

Eine Frage zur Lehrsituation in Uppsala: Haben Sie noch Präsenzunterricht?

Seit Ende Oktober unterrichte ich ausschließlich online.

 

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